Hymenektomie - Wie steht ihr dazu?
Hymenektomie - So bezeichnet man die chirurgische Entfernung des Jungfernhäutchens.Ich selbst habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich mir mit 22 Jahren, genau eine Woche vor meinem ersten Sex, das Hymen ambulant habe entfernen lassen. Ich gehe allgemein sehr offen damit um, weil ich es einerseits für meine damalige Situation für eine sehr gute Entscheidung gehalten habe (und noch immer tue), aber auch, weil ich bemerkt habe, dass sehr viele Frauen gar nicht wissen, dass sie diese Option haben.
Zu meiner persönlichen Erfahrung:
Jungfernhäutchen gibt es in sehr vielen, verschiedenen Formen. Meines Wissens nach reißen die wenigsten beim Sex tatsächlich so richtig ein, sondern dehnen sich nur und dabei können kleinere Fissuren entstehen, die dann auch bluten können. Bei den allermeisten Frauen reißt das Häutchen nie, bei einigen geht es beispielsweise durch Sport (das ist meiner Schwester passiert) oder das Nutzen von Tampons/Vibratoren/etc kaputt. Nicht jede Frau hat außerdem Schmerzen beim Ersten Mal.
Dennoch war die Aussicht auf Schmerzen für mich sehr reell und ich hatte eine Heidenangst davor.
Ich hatte ein sogenanntes "Hymen bifenestratus", ein Hymenalseptum, bei dem der Scheideneingang durch einen senkrechten "Faden" in zwei Hälften geteilt ist. Diese Form des Jungfernhäutchens ist oftmals auch sehr stabil und stark durchblutet. Ich habe diese "Fehlbildung" bemerkt, nachdem ich zum ersten mal einen Tampon verwenden wollte und dabei wahnsinnige Schmerzen hatte. Bei mir passte noch nicht einmal ein kleiner Finger rein.
Deswegen habe ich auch nicht gezögert, mir das Jungfernhäutchen entfernen zu lassen, als der erste Sex vor der Tür stand. Die Operation selbst dauerte zehn Minuten (Vollnarkose), nach ein oder zwei Stunden durfte ich wieder nach Hause. Nach vier Tagen tat es auch überhaupt nicht mehr weh und nur eine Woche nach der Operation hatte ich meinen ersten Sex, völlig schmerzfrei.
Ich habe diesen Schritt nie bereut und hätte es vielleicht auch getan, wenn ich ein "normales" Jungfernhäutchen gehabt hätte, einfach nur um eine Sorge weniger zu haben.
Auf der anderen Seite habe ich festgestellt, dass sehr viele Menschen diesen Schritt nicht nachvollziehen können. Da gab und gibt es nach wie vor Menschen, die der Meinung sind, mein Freund, mit dem ich meinen ersten Sex hatte, habe mich überhaupt nicht entjungfert, sondern mein Frauenarzt, der die OP durchführte und mein Jungfernhäutchen zerstörte. Zudem haben mir einige Männer wiederum erzählt, dass sie sich im Fall meines Freundes "beschissen" gefühlt hätten, also im Sinne von "betrogen", denn ohne Jungfernhäutchen sei das gar keine richtige Entjungferung gewesen.
Mich haben diese Vorwürfe über die Jahre hinweg immer sehr nachdenklich gemacht, zeigen sie doch deutlich, dass noch bei sehr vielen Menschen der Konsens herrscht, dass eine Entjungferung nichts mit dem ersten Sex, sondern mit dem "Durchstoßen" des Jungfernhäutchens zu tun hat. Und ich denke, dass dies nicht nur allgemein kulturelle Hintergründe hat, sondern auch mit dem fehlenden Wissen darüber, was ein Jungfernhäutchen eigentlich ist.
Zunächst einmal ist das Jungfernhäutchen gar kein "Häutchen", sondern nur ein Überbleibsel von Zellgewebe bei der Entwicklung von Geschlechts- und Ausscheidungsorganen. Es hat rein gar nichts mit "Jungfräulichkeit" zu tun, sondern ist ein Gewebekranz rund um die Vaginalöffnung und bleibt in der Regel ein Leben lang bestehen. Nur in sehr wenigen Fällen hat sich dieser Gewebeteil nicht weit genug zurückgebildet, sodass es beim Einführen eines Penis oder Gegenstandes zu einer schmerzhaften Dehnung kommt. Aber "durchgestoßen" wird es so gut wie nie und es blutet auch nur recht selten.
Zum anderen bedeutet "Jungfräulichkeit" eben, noch nie Sex gehabt zu haben, und nicht, dass man ein "intaktes" Hymen hat, wo dieses doch in der Regel lebenslänglich intakt bleibt und sich nur ein bisschen dehnt.
Ich frage mich daher, welchen Stellenwert das Hymen heutzutage bei Menschen hat und warum sie ihm derart viel Wichtigkeit beimessen.
An die Frauen: Käme eine Hymenektomie für euch infrage?
An die Männer: Würdet ihr euch "betrogen" fühlen, wenn ihr wüsstet, dass sich eine Frau ihr Hymen chirurgisch hat entfernen lassen?
Bei einigen meiner Gespräche hat sich ein wenig herauskristallisiert, dass das "intakte" Jungfernhäutchen und das damit verbundene Schmerzrisiko beiden Beteiligten die Chance gibt, sich auf eine etwas besondere Art und Weise aufeinander einzulassen. Zum Beispiel schrieben mir Frauen, dass sie ihre Jungfräulichkeit so eher als "Geschenk" betrachten, während Männern wiederum der Gedanke gefiel, ihre Umsicht und Vorsicht unter Beweis zu stellen.
Wie denkt ihr darüber?