Ich beziehe mich hier mal auf die männliche Seite, zu Frauen mögen sich andere äußern. Ein Post, der zusammenfasst, was ich größtenteils auch in diversen anderen Beiträgen schon zu dem Thema geschrieben habe.
Zu Beginn allerdings einen Aspekt, auf den ich allerdings bisher gar nicht eingegangen bin: Mein persönlicher Eindruck ist, dass die meisten ABs, die ihren Mangel an Erfahrung bereitwillig transparent machen, insgeheim irgendwie hoffen, auf eine superverständnisvolle und supergeduldige Frau zu treffen, die sie so toll findet, dass sich freiwillig dafür opfert, diesen steinigen Weg auf sich zu nehmen. Will meinen: Dass sie sich dadurch, dass sie die Damenwelt vorwarnen, vorbeugend jedem Erwartungs- und Leistungsdruck entziehen - und sei es nur der Erwartung, dass man immer und unter allen Bedingungen ehrlich zu sein hat. Das ist menschlich zwar sehr nachvollziehbar, aber leider ziemlich unrealistisch.
Die Frage, wie man als männlicher AB zu seiner Jungfräulichkeit stehen soll, kommt ja immer wieder auf, und in den Foren außerhalb dieser Gruppe versichern einem Frauen oft genug hoch und heilig, wie toll Ehrlichkeit ist und dass man ja ohnehin mit niemandem in die Kiste will, der in dieser Hinsicht nicht zu dir passen würde und kein Verständnis für einen hätte und blablabla.
Dazu eine kleine Anekdote: Vor 2 oder 3 Jahren gab es mal einen Thread hier im Joy, wo ein junger Mann Mitte 20 eine ähnliche Frage gestellt hatte. So gut wie alle kommentierenden Frauen im Thread lobten den jungen Mann für seine Offenheit und wie toll es doch wäre, dass er dazu stehen würde und dass er garantiert eine finden würde etc. pp. ... wie man es sich halt so vorstellt. Als ich die Frage aufwarf, welche der Damen denn den TE von seinem Leid erlösen würde, gab es auf einmal sehr viel Ausreden, warum ausgerechnet man selbst natürlich nicht die geeignete Ansprechpartnerin wäre. Was natürlich auch vollkommen legitim ist - nur hat das ganz nett illustriert, dass hier Ideal und Wirklichkeit doch ein wenig auseinanderklaffen.
Die Hoffnung, auf eine hinreichende Anzahl von Frauen zu treffen, die damit kein Problem haben, würde ich also schon rein aus Selbstschutz begraben. Und selbst wenn man auf eine entsprechende Frau trifft, ist ja noch nicht mal garantiert, dass die einen auch selber anziehend findet! Wer sich hier schon im Vorfeld als Jungfrau outet, sortiert sich bereits selbst in eine Schublade ein und schreckt möglicherweise Frauen ab, die grundsätzlich gar nicht abgeneigt gewesen wären.
Was außerdem viele übersehen: Online-Dating hat so eine Eigenschaft, die es massiv von der Offline-Realität unterscheidet - nämlich dass Frauen von Anfragen mitunter förmlich mit Anfragen totgeworfen werden (aus verschiedenen Gründen). Für Frauen klingt das zunächst mal Bombe, und kann bei ihnen leicht zu der Fehlannahme führen, dass das Internet ein Dating-El Dorado für alle ist - dummerweise stimmt das nicht. Denn die unzähligen Anfragen an Frauen wollen auch erst mal ausgewertet werden, und dabei geraten in der Regel ganz zwangsläufig mindestens 90% (mitunter deutlich mehr) unter die Räder.
Was wiederum bedeutet, dass eine Frau es sich leisten kann, äußerst anspruchsvoll zu sein - bzw. es sich leisten muss, nach irgendwelchen Eckdaten muss sie ja auswählen. Und dann fangen die ganzen Ausschlusskriterien an (wie "3 Jahre zu alt", "nur 175cm, ich will aber lieber 180cm" usw.) - und darunter eben auch Ausschlusskriterien, die unter normalen Umständen nicht zwangsläufig welche wären.
Was ja auch Sinn macht: In der Realität wird man ohnehin nicht so zugetextet wie im Internet (was die Konkurrenzsituation schon mal deutlich entschärft), und dann kann es auch durchaus vorkommen, dass man im direkten Umgang spontan sympathisch ist.
Und in dieser Situation bedeutet dieses Phänomen eben, dass man sich als Jungmann mit absoluter Transparenz durchaus seine ohnehin schon selten auftretenden Chancen total verhageln kann - und zwar auch dann, wenn man sich mit etwas weniger Seelenstriptease durchaus erfolgreich hätte sein können.
Ob man es nun mit der Maxime "fake it till you make it" hält oder zumindest ausweichende Antworten perfektioniert, mit denen man ohne ganz dreist zu lügen zumindest den Eindruck erweckt. dass man nicht vollkommen plan- und ahnungslos ist. Vergleicht es mit einem Bewerbungsgespräch - da tischt man dem zuständigen Personaler zwar auch nicht faustdicke und supertransparente Lügen über die eigene Berufserfahrung auf, aber trotzdem bindet man ihm nicht auf die Nase, wenn man vom Tuten und Blasen keine Ahnung hat und er sich schon mal drauf einstellen darf, dass die Chancen ganz gut sind, dass man erst mal alles verhageln wird.
Zusammengefasst: Meiner Erfahrung nach (und das beinhaltet das Feedback nicht weniger Männer, die mal in einer ähnlichen Situation waren) fährt man am besten, wenn man es gar nicht erst thematisierst. Man braucht keinen auf dicke Hose zu machen und sich Lügenmärchen einfallen zu lassen, was für ein Hengst man doch sei - denn dann gerät man unter Nachweisdruck - sondern man spart einfach diesen Punkt aus.
Denn: Auch wenn es so einen Mythos gibt, sind auch Frauen keine Gedankenleserinnen. Die meisten Menschen haben Probleme, sich ernsthaft vorzustellen, dass es wirklich ewige Jungfrauen gibt (und dass die gar nicht sooo selten sind), und für Frauen gilt das noch mehr als für Männer. Und die Frauen, die
eigentlich gesteigerten Wert darauf legen, dass ihre Männer ein Minimum an Erfahrung mitbringen sollen, sind dann auch gerne bereit, als attraktiv empfundenen Männern einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Und selbst wenn nichts draus wird, weil man nervös ist, gehemmt rüberkommt etc.: Das ganze ist ein Lernprozess; und zwar einer, dem sich Absolute Beginner bis dahin immer entzogen haben. Wer hier zwar ein Date, aber auch einen Korb kriegt, hat immerhin einen Schritt vorwärts auf dieser Lernkurve gemacht - einen Schritt, für den er im Falle von absoluter Transparenz aller Erfahrung nach nicht einmal eine Chance bekommen hätte.